Recycling

Wer weiß, wofür das jetzt wieder gut ist?

Man kann sich den ganzen Tag ärgern, ist dazu aber nicht verpflichtet.

Ich gebe es zu, beruflich bin ich da ziemlich verwöhnt und kann inmitten meiner friedlichen Atmosphäre arbeiten. Standbein, Spielbein und Holzbein, was nämlich gar nicht geht, habe ich für meinen beruflichen Alltag klar bestimmt. Deshalb tritt mir hier niemand unangenehm auf den Fuß.

Im Privatleben aber, da gibt es hin und wieder eine solche Situation. Da rege ich mich dann richtig auf und mir gehen die Synapsen fliegen.

Von einem auf den anderen Moment gehe ich hoch, wie eine Rakete. Bodenlos und Lichtjahre von der Erde entfernt

– an klares Denken ist nicht mehr zu denken –

nur atmen kann ich noch – tief durchatmen – von Zehn auf Null rückwärtszählen und nach inneren Bildern kramen…

Hilfäääääh!

Gelegentlich erdet mich der Anblick der kleinen grünen Recycling Tonne. Top, um aus dem Regelwerk des Ich ärger mich – Spielchens auszusteigen, das mich zu diesem Abflug durch die Decke gebracht hat.

Schmerzen sind unvermeidbar. Leiden ist eine Entscheidung.

Die Recycling Tonne steht für meine Entscheidung aus schwierigen Situationen einen heilsameren Umgang für mich zu entwickeln.

Da sagt mein Gegenüber was, was meine fröhlichen Erwartungen an das friedfertige Miteinander jetzt komplett konterkariert.

Und ich glaub‘, mich streift ein Bus.

Och neh, nicht das jetzt! Was ich da höre, ist für mich ein absolutes No Go. Am Liebsten hätte ich das gar nicht wahrgenommen. Ohne dass mir das gleich bewusst wird, wird irgendetwas da gerade bei mir getriggert und ich bin schockschnell auf 180. Ommmmm….Wo ist die Rettung jetzt?

Notfallkoffer der inneren Bilder

In meinem inneren Erste-Hilfe-Kasten der schönen Bilder steht da die kleine grüne Recyclingtonne. Sie ist mein Anker. Verknüpft mit meiner Vorstellung der brauchbaren Wiederverwertung, führt sie mich augenblicklich zur Besinnung und zwar auf nette Art und Weise und im zärtlichen Tempo. Denn das brauche ich jetzt dringend, mein eigenes Tempo.

Die Wutenergie meiner Enttäuschung in etwas Sinnvolleres umzuwandeln ist möglich. Dies zu wissen, motiviert mich, mich selbst zu beruhigen. Es ist sehr schön, mit aufgestauter Energie, die aus dem ganz normalen Chaos von Beziehungen resultiert, etwas Besseres anzufangen, anstatt mit ihr destruktiv auf dem Vulkan zu tanzen.

In zwischenpersönlichen Beziehungen wissen oft beide Konfliktpartner gar nicht , was den Konflikttango überhaupt jetzt in Gang gesetzt hat.

Der Wechsel der Blickrichtung zu den inneren Bildern ist bereits der erste Schritt zur nachhaltigen Nutzung der Energie.

Tango – nein Danke

Von dem beruhigenden Moment an, erkenne ich: wir sind jetzt miteinander wohl beide blind auf dem Holzweg unterwegs. Mir schwillt gerade der Kamm und die Situation droht zu eskalieren. Also beginne ich eine Vorsortierung zu treffen.

Müll trennen

Manche oberflächlichen Bestandteile des ärgerlichen Verhaltens sind vielleicht eindeutig Müll und können abgetrennt werden.  

Ab in den anderen Mülleimer, wo sie dann endgültig und unwiederbringbar entsorgt werden.  – Frisch geleert. Das schafft schon mal Entlastung.

Der Ärger von heute ist das Glück von morgen

Aber irgendwas bleibt für mich so ärgerlich, dass ich da noch dranbleiben möchte.

Für etwas in mir wird es doch gut sein. Sonst ließe ich mich ja nicht triggern.

Wer weiß schon, wofür es gut ist? Ich noch nicht. Also auf später in die Recycling Tonne damit.

Produktverpackungen bestehen auch hier oft aus mehreren, gemischten Wertstoffen. Je besser diese vorab getrennt werden, umso nachhaltiger und ertragreicher ist Recyclingquote.

Ich übersetze das hier jetzt in einen Tipp für das Lernen in zwischenpersönlichen Beziehungen:

Die Kraft nutzen, um Normen und Werte auszuhandeln

Solches, wie ein augenblickliches Benehmen, das auf eine Sozialisation in einer chauvinistischen Kultur zurückzuführen ist, kommt bei mir in die Recyclingtonne.

Es gibt diesen Anteil, der nur meinem Gegenüber gehört. An dem Verhaltensstil kann nur mein Gegenüber selbst arbeiten. Ich kann ihn jedenfalls nicht verhalten. Aber Einspruch erheben, das kann ich.

Es lohnt sich jeder Protest.

Es gibt da einen Kern in der Sache, der mich selbst so sehr fuchst, dass ich gern diejenige sein möchte, die zu einer sachlichen Reflektion miteinander ihren Beitrag einbringen möchte.

Ich hätte da was zum Sagen.

Das möchte ich allerdings nur dann, wenn die Zeit dafür günstig ist.

Alles eine Frage des günstigen Kontextes.

Also, wenn ich eine klare Idee davon habe, dass es Sinn haben könnte, mein Anliegen in diese Beziehung mit meinem Gegenüber einzubringen. Timing und Rahmen sind wichtig.

Eine wohlwollende Atmosphäre miteinander ist erforderlich. Das traue ich mir schon zu, diese abzuwarten und auch selbst meinen Beitrag hinzuzutun, damit es einen solchen günstigen Rahmen gibt, um die Schwierigkeiten anzusprechen. Es wäre gut, wenn mein Problem zu einer gemeinsamen Sache für ein besseres Miteinander würde. Wobei die Aufgaben oft übersichtlicher sind, je früher man dem Partner mitteilt, wo er einem auf den Fuß getreten ist.

Mein Fehler – ich war eindeutig missverständlich

Also möchte ich zum Ausdruck bringen, dass ich ab sofort und zukünftig keinesfalls an einer chauvinistischen Kultur teilhaben werde.

So ist das nämlich aus meiner Sicht. Und gut, dass wir mal drüber gesprochen haben. Wie jetzt? Du hast das gar nicht so gemeint?! Dann warst Du da für mich eindeutig missverständlich.

Was zwischen den Zeilen steht:

Sie sind blind. Sie lieben sich. Sie brauchen eine Brille.

Für einen fairen Umgang miteinander lohnt es sich hin und wieder zu streiten.

P.S. Tango tanzen ist ansonsten wundervoll

Wir sehen uns, Manu Dillenburg-Lux