Stimmlos, stottern stammeln

Verhaltensoriginell im Kontext von Schule

hier kommt mal ein relaunch eines alten Blogs von mir, aus dem Jahr 2013…

Was stimmt? Was nicht? Lerne, zu aller erst auf Dich selbst zu hören

“Sie sind  völlig unfähig, sich verständlich auszudrücken“ Zitat des Aushilfs- Deutschlehrers, Herrn H., der mal wieder einen Frust hatte und den er diesmal an meiner Person abreagierte. Diese Aussage von Herrn H. und seine vielen kleinen negativen Bemerkungen am Rand, haben eine nachhaltig tiefe Narbe hinterlassen, obwohl ich in den drei Jahren zuvor, im Deutsch- und Theaterunterricht von einem anderen Lehrer noch Unterstützung, Wohlwollen und auch gelegentlich Lob für meinen Ausdruck und sehr gute Beurteilungen erhalten hatte.

Nach dieser beschämenden Ansage vor versammelter Klasse habe ich in manchen Situationen gestammelt, gestottert und da ich es verdrängt hatte, oft nicht verstanden, warum mir das passiert. Manches Mal wäre ich gerne vor Scham im Erdboden versunken. Glücklicherweise wusste ich schon immer, ich kann vor mir selbst nicht fliehen. An dieser Stelle wieder einmal Danke an meine Eltern, die mich sehr früh in die Realität geschubst haben. Mein Glück, dass sie mich geliebt haben und es ganz in Ordnung fanden, wie ich als Mensch in meinem eigenen Leben unterwegs war und einfach immer sagten:

Du schaffst das schon!

Auch die Erfahrung mit dem anderen, sehr liebevollen Deutsch und Theaterlehrer, den ich vorher hatte, begleitet mich glücklicherweise. Er zeigte sich persönlich und menschlich und wusste, wann Schülerinnen und Schüler Ermutigung brauchten. Danke, auch an Herrn W. Die Erinnerung an ihn erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit.

In freundlicher Umgebung übt es sich mit Leichtigkeit

An solchen Begegnungen auf Augenhöhe orientiere ich mich heutzutage bevorzugt. Übungen, die das Leben bereithält, gelingen nämlich mit Leichtigkeit, wenn da Menschen sind, die Dich so, wie Du bist, im Kielwasser ihrer positiven Erwartungen frei schwimmen lassen.

Ich löse mich von alten Glaubenssätzen über mich selbst, die mir zugefügt wurden, wenn ich mich sprachlich ausdrückte. Die Kraft meiner Sprache ist ungebrochen und das Wissen, dass ich mich ausdrücken kann, ist inzwischen nach viel Training in mir tief verankert.

Schritt für Schritt

Zuversicht, dass es jeden Tag und mit jeder Übung besser wird, begleitet mich. Ich erprobe mich vor vielen neuen Hintergründen und werte alle meine Erfahrungen mit meinem ersten Zeugen, mir selbst, gut aus. Und dann sage ich zu mir: „das war schon gut, für das erste Mal in diesem Zusammenhang. Demnächst kannst du das eine oder andere noch verändern und verbessern und es durch dies oder jenes ersetzen und dies und das dafür auslassen.“ Aber niemals beschimpfe und verunglimpfe ich mein Tun.

Keine Angst vor Perfektion – es gibt sie nicht

Als mein erster Zeuge, weiß ich durch meine vielen unterschiedlichen Erfahrungen inzwischen, ich gebe stets mein Bestes und bin immer wohlwollend unterwegs. Natürlich bin ich dabei ein fehlerhafter, unperfekter Mensch, umgeben von lauter fehlerhaften, unperfekten Menschen. Und so ist die Realität – natürlich und in allerbester Ordnung. Ich gehe also frei weiter auf meinen Wegen, so gut ich es zum jeweiligen Zeitpunkt kann.

Sprich freundlich mit Dir – sprich freundlich mit mir

Wer mit sich selbst “ich sollte, ich müsste“ spricht, macht sich unnötig Druck, überfordert sich. Warum sollte ich das ? Weil Herr H. mir eine Note gibt, eine vier vielleicht, wo vorher eine eins war, weil er es in diesem Halbjahr eben kann…- vielleicht mache ich mir selbst zu viel Druck, für die gute Verarbeitung der vielfältigen Wahrnehmungen in der Begegnung mit Herrn H…ich stottere…spüre das schräge Machtgefüge, welches ich mich nicht anzusprechen traue…wen wundert das jetzt noch!? Gut, dass diese Schulzeit so lange her ist….Gut, dass ich mir heute keine Angst mehr machen lasse, schräge Machtgefüge anzusprechen.

Lass das Sollen – mach das Wollen

Lernen funktioniert viel besser, wenn ich in einer friedvollen, liebevollen Umgebung bin. Ich möchte in einer Welt leben, in der Menschen sind, die mir und allen anderen etwas zutrauen. Menschen, die wissen, dass ich es eines Tages besser können werde. Menschen, die anerkennen, dass ich willens und fähig bin. Menschen, die ein Menschenbild in sich tragen, bei dem jeder Mensch dankenswerterweise mit eigenen Talenten und Begabungen gesegnet ist und diese neugierig in die Welt einbringen möchte. Ich wünsche mir, mit Menschen zusammen zu leben, die selbst das Leben und damit den ewigen Lernprozess bejahen, weil sie wissen, dass sie sonst gar nicht auf der Welt wären.

Bereit geboren – alles in Ordnung

Als erwachsener Mensch kann ich mir diese Wertschätzung selbst entgegenbringen.

Selbstakzeptanz kann der Anfang alles Guten in meinem Leben sein, für das ich jetzt den Boden bereite.

Step one: sich von alten Glaubenssätzen über sich selbst jetzt verabschieden. Danke, ich brauche euch nicht mehr. Und: Danke allen guten Vorbildern, die zeigen, dass wir Menschen es schaffen können, uns aus negativen Glaubensfesseln zu befreien.

Ich persönlich, bin sicher und zuversichtlich, in all dem Guten des Lebens geborgen zu sein.

Zur rechten Zeit am rechten Ort

Und so gefällt mir der Gedanke, von Robert Betz, dass es auch Arsch-Engel gibt. Damit bezeichnet er solche Wegbegleiter, die das weniger Gute in uns anstoßen und uns damit letztlich auch herausfordern, auf uns selbst zu achten. Die Weiterentwicklungen erfolgen aus eigener Kraft. Inspirationen kommen von überall – auch dafür Danke.

Und doch, ist da immer mal wieder was mit meiner Stimme los. In dem Zusammenhang kommt dann die Erkenntnis zum Tragen: kein Mensch ist jemals stimmlos, in einem gewissen Sinne.

Wir haben teil am Miteinander und wir wirken mit. Gut zu wissen und zu beachten, dass ich trotzdem niemals stimmlos bin. Und zwischenpersönlich ist es im wahrsten Sinne des Wortes interessant, wie die Mitmenschen mit dem Schweigenden umgehen.

Dazu gibt es unterschiedlichste interessante Studien, Selbsterfahrungen, nicht nur von mir. Ich habe ein Buch einer Kanadierin gefunden, die sich freiwillig Schweigezeiten auferlegt hat. Ihre Erfahrungen zeigen, dass es manche Verhältnismäßigkeiten und strukturelle Hintergründe in den Blick bringen kann, auf diese Weise einmal für sich einen Ruheraum zu haben, aus dem man dann die Begegnungen mit seiner Umwelt genauer inspizieren kann – so manchem begegnet man zweimal…staunen, daraus lernen

und weitergehen…

Wir sehen uns, Manu Dillenburg -Lux